Memoire über die Pensionen der Schauspieler für Friedrich Wilhelm III. von
Preußen. Berlin, 24. Januar 1803. Montag
Die Schauspieler sparten selten ihren Unterhalt für das Alter. Die, welche mit
der reinen Besonnenheit des sparsamen Hauswirts gediehen, seien nicht mit der
glücklichen Unbesonnenheit begabt, welche aus der Reibung der Elemente entstehe,
woraus der Künstler hervorgehe. Die Blüte des Künstlers beginne im Alter von
zwanzig Jahren und habe in der Regel nach 30 Dienstjahren alle Früchte
hervorgebracht. Gedächtnisfähigkeit und Reizbarkeit würden abnehmen. Der
eigentliche Künstler, der Leidenschaften nicht nur erzähle, sondern darstelle,
sei nach I.s Überzeugung nach zwanzig Dienstjahren pensionsfähig und habe nach
dreißig Dienstjahren ein Pensionsrecht.
Bisher bestünden in Deutschland folgende Pensionsanstalten für Schauspieler: 1.)
In Hamburg habe die dortige Privatunternehmung aus der Einnahme von
Vorstellungen und aus Beiträgen der Mitglieder eine Kasse errichtet, woraus je
nach Dienstjahresstufen Pensionen gezahlt würden. 2.) In Stuttgart habe der Herzog von Württemberg acht bedeutenden Mitgliedern eine
Pension, die aus der Generalkasse gezahlt werde, zugesprochen. 3. In Mannheim habe der verstorbene Kurfürst mehreren Mitgliedern für Mannheim oder
München Dekrete auf Pension in Höhe der halben Besoldung erteilt. 4.) In
München habe der jetzige Kurfürst nach zwanzig Dienstjahren eine Pension in
Höhe der halben Besoldung zugesichert. 5.) In Wien erhielten die Schauspieler
des Hoftheaters nach zehn Dienstjahren ein Drittel und nach zwanzig Dienstjahren
die Hälfte der Besoldung. Nach fünfzig Jahren erhalte man die ganze Besoldung
und die Erhrenmedaille, welche gerade der preußische in Halberstadt gebürtige Untertan Schauspieler
Müller, erhalten habe. Jede Witwe, sie
sei Schauspielerin oder nicht, erhalte jährlich 300 Gulden und jedes Kind bis zu
seiner Großjährigkeit jährlich 100 Gulden. Was das Berliner Theater betreffe, so
hätten der verstorbene König und FW III.
keinen, der dienstunfähig geworden sei, ohne Gnadengehalt entlassen. Vor allem
aber habe FW III. den Überschuss der Theaterkasse zum Pensionsfond erklärt. Es
sei verzeihlich, dass FW III. jetzt ein Pensions-Reglement auf
diesen Fond, der aus den Kräften seiner Tätigkeit gedeihen solle, fordere.
Sollten aber die Pensionen allein von den Zinsen des Fonds gezahlt werden, würde
er nicht ausreichen. Die Theaterkasse habe bisher ca. 2881 Taler gezahlt. Im
neuen Hause würde der Kassenüberschuss jedoch größer werden. Weiterhin schlage
I. vor, im neuen Konzertsaal auf Kosten und Gewinn der Direktion
und unter Aufsicht der Polizei geordnete Bälle mit Maskenrecht
abhalten zu können. Die veranschlagten Einnahmen von 3000 Taler würden den
Pensionsfond konsolidieren. Seit der König dem neuen Theater einen wachhabenden
Offizier gegeben habe, hätte sich kein öffentlicher Vorfall ereignet, was doch
vorher fast alle Woche der Fall gewesen sei. - Dienstunfähigkeit sei bei
folgenden Kriterien gegeben: 1.) Jede unverschuldete Verstümmlung des Körpers
und jedes unaufhaltsame Sichtum, ohne Rücksicht auf Dienstjahre. 2.) Völliger
Gedächtnismangel. 3.) Mangel an Gehör, Blindheit und Veränderung des
Sprechorgans. 4.) Verlorene Stimme für den Gesang. In Betreff des
Pensions-Quantums schlage I. die halbe Besoldung bis zwanzig
Dienstjahre und für das, was darüber hinausgehe zwei Drittel der Besoldung vor.
Weiterhin schlage I. vor, jedes Jahr mit Überreichung des Etats eine Beurteilung
jedes Schauspielers zu liefern. Die Beurteilung dürfe nicht die Moralität und
das häusliche Leben berühren, sondern nur das positive oder negative Engagement
als Schauspieler (Starrsinn, Nachlässigkeit, Fleiß, Fortschritte der Bildung,
Ordnung, Aufopferung für das Ganze). Diese Betragensliste solle bei der
Festlegung der Höhe der Pension zurate gezogen werden. - Die größten Feinde des
Theaters seien Feuer und Krieg. Daran habe I. bei seinen Überlegungen zum
Pensionsfonds gedacht. Wegen der Feuergefahr habe I. sorgfältige
Vorsichtsmaßnahmen getroffen, auch sei das Theater in die Feuersozietät eingetreten. Sollte es Krieg geben,
so würden sich die Einnahmen allerdings verringern. In diesem Fall müsse sich
die Direktion beschränken und weniger glänzende Vorstellungen geben. Das kleine
zweimal bombardierte Mannheim habe seine Bühne erhalten können.