Ifflands Archiv

Über diese EditionBriefeDokumenteRegisterSuche

Übersicht der Korrespondenz
mit Christoph Sigismund Grüner im Jahr 1807

16 Trefferfirstprevnextlast

Von Christoph Sigismund Grüner. Danzig, 6. Juli 1807. Montag

In den letzten drei Dezennien hätte sich das Schicksal oder die Glücksgöttin unter den lebenden Mitgliedern der Bühne gegen keinen launiger verhalten als gegen G. Schon im Revolutionskrieg habe G. zwei Geschwister verloren, die anderen Geschwister und Verwandten seien arm geworden und würden mit dem Mangel kämpfen. Ein Bruder sei Proviantmeister in Südpreußen gewesen und habe jetzt alles verloren- Die hiesigen Zustände ließen sich nicht mit Worten schildern. Der Tod und das Elend seien alltäglich, bis auf das Leben habe G. alles verloren. Der Unternehmer der Danziger Bühne sei zahlungsunfähig, ein Justizkommissar lasse in dem halbzerstörten Haus nur noch Operetten geben. G. sei entschlossen, zu dem Prinzen Hieronymus zu gehen. I. möge G. helfen und ihn an einer Bühne am Rhein oder in Stuttgart unterbringen. - G. habe seinen Bruder gebeten, an I. seine Briefe zu senden. G. reise am 17. aus Danzig ab. Südpreußen und Schlesien scheinen verloren zu sein.

Von Christoph Sigismund Grüner. Danzig, 16. Juli 1807. Donnerstag

Die Situation habe sich in Danzig seit G.s letztem Brief verschlechtert, die südpreußischen Offizianten seien weggeschafft worden. G.s Hoffnung ruhe auf seinem Bruder. G. wolle sich an den Prinzen Jérôme wenden. Schilderung der Verhältnisse und Umbrüche in der Stadtverwaltung. Man wisse nicht, was aus dem Theater werden wird, das Privileg sei erloschen. Morgen werde G. seine Reise antreten. G. bitte um Gastrollen und schlage folgende Stücke vor: Die beiden Klingsberge von Kotzebue, Die Brandschatzung, Der Revers, Der schwarze Mann und Das unterbrochene Opferfest. Es gebe hier das Gerücht, unser König bekäme Ost- und Westpreußen sowie Schlesien zurück, verliere aber Neuostpreußen, Südpreußen und die Besitzungen jenseits der Elbe.

Von Christoph Sigismund Grüner. Warmbrunn, 16. August 1807. Sonntag

Der Zweck seiner Reise sei verfehlt. G.s Bruder sei krank in Breslau angekommen und habe eine trostlose Schilderung von den preußischen Offizianten gegeben. Auch in der Angelegenheit mit G.s Schwester, einer Frau von Löwenfeld, habe er nichts ausrichten können. Der Graf von Sandreczky habe den Mann der Schwester erschossen. Breslau habe sehr gelitten, es sei kaum wiederzuerkennen. Im Vergleich zu Danzig sei es aber nicht schlimm. In Breslau habe G. einen Brief von Groddeck erhalten, der neues Personal für die Bühne suche. Offenbar seien die Besten gegangen. Groddeck hoffe auf Musikdirektor Müller und dessen Gattin. Müller gehe aber nach München, Schüler und Frau sowie der Tenorist Räder nach Kassel. Prinz Jérôme habe die Besten in Beschlag genommen. Kaibel gehe nach Mannheim. Kassel könne sich noch in eine französische Bühne verwandeln. Es folgen Vorschläge zu den Gastrollen.

Von Christoph Sigismund Grüner. Berlin, vor 16. September 1807

G. werde erst morgen abreisen und hoffe, I. noch einmal sprechen zu können. G. wohne bei Herrn Kaselitz. Aus G.s Brief aus Danzig kenne I. seine traurige Situation und den Wunsch nach I.s Rat, wohin sich G. wegen eines Engagements wenden könne. In Danzig habe G. keine Hoffnungen mehr. So lange der Hafen gesperrt sei, werde es keine Besserung geben. I. möge sagen, welche Rollen er ausgewählt habe.

Von Christoph Sigismund Grüner. Breslau, 1. September 1807. Dienstag

Wegen Familienangelegenheiten habe sich G. länger in Breslau aufgehalten. Neben G.s Bruder wird der Prozess der Schwester mit dem Grafen Sandreczky erwähnt, der den Bruder der Schwester erschossen habe. Der Direktor des Danziger Theaters habe G. geschrieben, dass er die Bühne erhalten wolle und Personal suche. G. meine jedoch, die Bühne sei der Auflösung nahe, weil Herr und Frau Meinzer und auch Herr Bachmann die Bühne verlassen würden, die Sängerin Veltheim sei schwanger. G. werde bald in Berlin sein.

Von Christoph Sigismund Grüner. Berlin, vor 16. September 1807

G. schlage vor, als Gast in dem von ihm bearbeiteten Stück das Findelkind aufzutreten.

An Christoph Sigismund Grüner. Berlin, 17. September 1807. Donnerstag

Nach Lage des Repertoires und der Tatsache, dass Herrn Unzelmann zwei Gastrollen bewilligt seien, könne G. am Freitag im Stück Der schwarze Mann auftreten. I. möge wegen des Theaterzettels sofort Bescheid geben, die Probe beginne um 12: 00 Uhr.

Von Christoph Sigismund Grüner. Berlin, 17. September 1807. Donnerstag

G. müsse noch einmal schreiben, da I. immer nur in flüchtigen Momenten persönlich zu sprechen sei. Schilderung der Familienangelegenheiten, Erwähnung des Grafen Sandreczky. - G. bitte um ein Engagement, wenn nicht sofort, dann nach Ostern. In der Zwischenzeit reise G. zurück nach Danzig. Königsberg und Danzig seien gegenwärtig offene Gräber. In Danzig sollen wöchentlich bis 1200 Menschen sterben. Die jetzige Administration wolle in Danzig die Bühne erhalten, es seien aber die wichtigsten Mitlieder dieser Bühne weggegangen. Der Direktor trage ihm auf, bis November Sänger und Sängerinnen sowie einen Musikdirektor zu besorgen. G. wolle eine Reise nach Sachsen unternehme, um Mitglieder für die Danziger Bühne zu werben, vielleicht werde er in Dessau und Weimar fündig.

An Christoph Sigismund Grüner. Berlin, 11. Oktober 1807. Sonntag

I. könne G. leider nicht helfen, es schmerze I., das sagen zu müssen. Vormittags sei er stets bereit, G. zu empfangen.

Von Christoph Sigismund Grüner. Berlin, 12. Oktober 1807. Montag

G. dankt für I.s Brief und erwähnt Neuigkeiten von seinem Bruder, der verzweifelt sei. Der Bruder rate G. dringend, in Berlin zu bleiben. Des Bruders Schilderungen vom Zustand Polens seien schrecklich. G. wolle noch acht Tage hier bleiben, bevor er nach Danzig zurückreise, und wolle morgen um 9:00 Uhr zu I. kommen.

Von Christoph Sigismund Grüner. Berlin, 17. Oktober 1807. Samstag

G. sei zurückgekommen und seine Reise nach Leipzig sei zwecklos gewesen. Das wenige Gute, das für die Restitution der Danziger Bühne zu hoffen war, befinde sich wankend und schwankend. Die auf der Messe kursierenden Nachrichten von Danzig seien schlimm, es herrsche große Teuerung und die Sterblichkeit sei hoch. Ein Danziger Bankier habe ihm abgeraten zurückzukehren, die Bühne würde nicht bis Ostern bestehen. Herr Opitz habe G. mehrere Engagegementsgesuche von Danziger Schauspielern gezeigt. Auch habe die Jagemann erzählt, dass die Danziger sich in Weimar beworben hätten. Sonderbar sei, dass der Danziger Direktor G. Vorwürfe mache, niemanden für die Bühne geworben zu haben. G. fühle sich wie Herkules am Scheideweg: er wisse nicht, ob er bleiben oder reisen solle.

Von Christoph Sigismund Grüner. Berlin, 27. Oktober 1807. Dienstag

G. reise als Geächteter zurück. I. möge ihn aus dieser Situation befreien und ihm einen Rat geben. G. habe auf Befehl des Danziger Bühnenadministrators Groddeck verschiedene Dinge in Ordnung gebracht. In Leipzig habe er eine Demoiselle Quentel, Verwandte des Münzdirektors Schlegel, kennengelernt und gebeten, mit nach Danzig zu gehen. Sie sei gekommen, schreibe jetzt aber, dass sie nicht mitreise, weil sie erfahren habe, dass das Danziger Theater unter aller Kritik sei. Das werfe ein schlechtes Licht auf ihn, G. werde als Hurenkolporteur bezeichnet.

Von Christoph Sigismund Grüner. Königsberg in der Neumark, Anfang November 1807

Berichtet von seiner beschwerlichen Reise mit Demoiselle Chodowiecky, die G. nach Danzig bringe. Bei Grünberg seien die Wagenräder gebrochen. Bei seiner Abreise habe G. erfahren, dass Herr Schadow I. Mademoiselle Quenzel empfohlen habe. G. erbitte das kleine Stück Die Theaterprobe, das in Danzig nicht bekannt sei. G. könne das Stück Kunstprobe anbieten.

Von Sigismund Christoph Grüner. Danzig, 24. November 1807. Dienstag

Die Erlaubnis, mit I. sprechen zu dürfen, sei ihm ein großer Trost. Die Lage des Danziger Theaters sei nicht so schlecht, wie sie sich in Berlin und Leipzig und in der Affaire um Demoiselle Quenzel gezeigt habe. Das Theater werde fast nur von der Garnison besucht, aus der Stadt fast gar nicht. Die Teuerung sei sehr groß, die Sterblichkeit hoch. - Madame Meinzer werde protegiert und herrsche. Madame Chodowiecky habe im Oberon gefallen, dürfe aber nicht die Fanchon und Armantine singen. Der Administrator Groddeck habe guten Willen und Ausdauer, aber er sei untergeordnet. Man sei sehr gespannt, was das Collegium Medicum in Königsberg auf die Anfrage des Königs, ob der König mit seinem Hoflager in Sicherheit den Aufenthalt in Königsberg nehmen könne, antworte. Das beweise, dass der König so bald nicht nach Berlin zurückkomme. - Die Lage der Schwester in Breslau sei unverändert schlecht. - G. wolle sich demnächst an die Bearbeitung von Stücken machen. I. möge ihm das kleine Lustspiel Die Theaterprobe und den neuen Jahrgang von I.s Theatertaschenbuch schicken.

An Christoph Sigismund Grüner. Danzig, 9. Dezember 1807. Mittwoch

I. könne Die Theaterprobe als Manuskript nicht abgeben. G.s Kunstprobe werde geprüft und dann honoriert. Demoiselle Quenzel sei I. von Herrn Langhans empfohlen worden. Politisch wisse man wenig, man lebe hier im Nebel, I. harre aus, so lange es möglich sei. G. solle Stücke bearbeiten und zuschicken. I. rate, dass die Schwester einen Vergleich aushandeln solle.

Von Christoph Sigismund Grüner. Danzig, 22. Dezember 1807. Dienstag

G. danke für Is. Brief. G. sei krank und habe mit der in Danzig grassierenden Seuche zu kämpfen. Mademoiselle Chodowiecky gefalle sich nicht und sie gefalle nicht. Herr Gutkäs sei nicht übel, habe aber nicht gefallen. Er habe den Fehler begangen, eine Rolle des hier beliebten Herrn Cyliax zu spielen. Herr Schumacher sei als Octavius im Don Juan aufgetreten, man habe laut gelacht. Der Mann habe nie gespielt, das sehe man. Er habe aber eine gute Stimme. Als er den Sextus spielte, habe man gelacht, applaudiert und randaliert. Der Administrator habe die Schuld auf G. geschoben, weil G. den Mann mitgebracht habe. Man sage, was nütze eine schöne Stimme, wenn er nicht gehen und stehen könne. Weiterer Bericht über das Danziger Theater. - Zu einem Vergleich der Schwester mit dem Grafen sei es noch zu früh. Bei Braunes sei der erste Band von Beaumont und Fletcher herausgekommen. Der Übersetzer habe kein Theatertalent. Beide Stücke, die Seereise und Die Braut seien treffliche Stücke. G. habe auch Zulime von Voltaire angefangen. Aus dem Französischen habe G. Frauenspiegel bearbeitet. - Von Memel habe man nur Gerüchte über den Hof. - Von Adolph Schmidt aus Hamburg bekomme G. noch Geld, I. möge den Brief zur Post geben lassen. - Der Bankrott der Kölner Buchhandlung, wovon G. gerade Nachricht erhalten habe, bringe ihn um den Verdienst seiner Henriette von Detten.

firstprevnextlast

Nach Akte filtern

  • 29

* nicht vollständig edierte Akte

Nach Chronologie filtern

  • 1795
  • 1807
  • 1808

Nach Korrespondenzpartner (10) filtern

  • Goldstein, Auguste Caroline Ernestine Freiin von
  • Goldstein, Klara Maria Aurora Freiin von
  • Grüner, Christoph Sigismund
  • Hempel
  • Iffland, August Wilhelm
  • Karl
  • Schwerin, Carl Ludwig
  • Schütte, Daniel
  • Wentz
  • Wentzel

Über das Vorhaben

  • Vorhaben
  • Impressum & Datenschutz
  • Kontakt (gerlach@bbaw.de)
  • Technische Hinweise (telota@bbaw.de)

Rechte und Lizenz

Alle Texte und TEI-XML-Daten dieser Website können – soweit nicht anders vermerkt – unter den Bedingungen der Creative Commons-Lizenz CC BY 4.0 nachgenutzt werden.

Creative Commons License

Träger des Forschungsvorhabens

»August Wilhelm Ifflands dramaturgisches und administratives Archiv« ist ein Forschungsprojekt der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.


Kooperationspartner

Das Erschließungs- und Editionsprojekt kooperiert mit dem Landesarchiv Berlin.



Das Logo der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften zeigt den Schriftzug neben einem Adler vor einem Sternenhimmel



Förderer

Das Projekt wird von der Lotto Stiftung Berlin, der Stiftung Preußische Seehandlung, der Gerda Henkel Stiftung, der VolkswagenStiftung und der Fritz Thyssen Stiftung gefördert.