Von Julius von Voß an Michael Rudolph Pauly. Berlin, 12. Juni 1812. Freitag

V. hätte vernommen, dass eine Behörde die Aufführung seines Lustspiels Die Pfarre als unsittlich verboten hat. Nun werde seine Schuld beim Theater noch größer und er frage sich, wieviele Stücke er fertigen müsse, bis eines zur Aufführung gelangt. Dabei sei das Verbot ein Missversträndnis: Es sei doch nur sein Ziel gewesen, die Missbräuche bei der Besetzung von Predigerämtern anzuprangern, vor allem wenn die Grundherrschaft im Spiel sei. V. versteht angesichts der romantischen Verwicklung und der Komik den Vorwurf der Unsittlichkeit nicht. Sein Lustspiel enthalte keine anstößigen Stellen, wie sie Lustspiele in Frankreich oder auch in Deutschland enthielten (er nennt Beispiele). V. fühlt sich ungerecht behandelt, weil die Behörde nur einige wenige zweideutige Stellen zu nennen wisse und doch das ganze Stück für unsittlich erkläre. Dabei wäre er auch zu Anpassungen bereit gewesen. Außerdem entzieht sich die Argumentation seinem Verständnis: sollen keine religiösen Fragen auf die Bühne kommen, so erinnert V. als Gegenbeispiel an Zacharias Werners Die Weihe der Kraft. Endlich versteht V. nicht, weshalb man ihm die Zweifel, die eine Figur an den Wundern der Bibel äußere, vorwerfe. Diesen Zweifeln würde widersprochen; außerdem stünden sie in keinem Verhältnis zu Kotzebues Die Unglücklichen, wo der Prediger erkläre, er können nicht an das glauben, was er lehre! Da dem Theater bei einem solchen Verbot ebenso ein Nachteil drohe wie dem Autor, erwarte V., dass P. ihn im Kampf gegen das Verbot unterstütze. Von Mustapaha Bairacktar habe er nichts mehr gehört, wahrscheinlich sei das Stück von einer anderen Behörde verboten worden. V. bittet um Rücksendung jener Manuskripte, die keine Beachtung im Theater fänden: Die blühende und die verblühte Jungfer, Die geitzige Frau und Die Wunderlampe. In der Nachschrift vermerkt V., dass er die Einschätzung eines Geistlichen erfragt habe; sollte V. etwas über das Verbot drucken lassen, wird jener das Gutachten beibringen.

Von Friedrich Karl Sannens. Wien, 10. November 1812. Dienstag

Bedankt sich für die Zuschrift (von Ifflands Sekretär?) und nimmt mit Vergnügen zur Kenntnis, dass die Reisen geschäftlich erfolgreich sind und I. die Erwartungen seiner Bewunderer und Verehrer übertrifft. Es geht das Gerücht, dass Wien im kommenden Frühjahr so glücklich sein wird, I. wie schon zweimal zuvor begrüssen dürfen. Auch lukrativ scheint es um diesen Plan nicht schlecht zu stehen. Kratter hat aus Lemberg geschrieben, dass er Die Pflegesöhne bereits nach Berlin geschickt hat und 20 Dukaten Honorar dafür haben will. Castelli und Körner bitten ebenfalls um ihr Honorar. Kurländer wird sein Schauspiel Pauline Wellenberg, das am Vortag im Hoftheater gegeben und wie verdient behandelt wurde, u. d. T. "Pauline Cettiri" nach Berlin schicken. Im Hoftheater war am 22.10. So muß man Füchse fangen zu sehen, mit einem gewissen Moreau in der Rolle von Herrn Christmann, der vor allem die Fehler des verstorbenen Weidmann wiederholt, aber das Publikum begeisterte. Moreau spielte mit ebenso großem Erfolg in Der Hausdoktor und Das Findelkind. Weigls Liebhaber und Nebenbuhler gefiel und ist zu empfehlen (29.10.). Die Komposition des geschickten Gyrowetz zu Das Winterquartier in Amerika befriedigte die Liebhaber. Im Theater an der Wien wurde am 10.10. Rudolph von Habsburg von M. H. Mynart gegeben. Das Stück wurde protegiert und besitzt auch einige schöne Stellen, aber gefiel trotzdem nicht. Preciosa ist trotz des Namens Cervantes schal und matt. Die Herberge bey Parma machte das ominöse Kleeblatt vollständig, das für die Direktion ein ökonomisches Problem aufwirft. Polawsky aus Prag, der in Wien im Vorjahr Gastrollen gegeben hat, ist als Ruf in Die Schachmaschine aufgetreten. Der Schluss des Briefes wirft die Frage auf, wie mit den Schauspielerkontrakten umgegangen werde, da ja Lobkowitz bei der Übernahme des Theaters die Bedingung gestellt habe, dass die Schauspieler mit Doppelkontrakten nur die Verbindlichkeiten am Hoftheater zu leisten haben. S. legt dem Brief Johann von Paris in der Einrichtung von Seyfried bei; die von Castelli sei nicht gedruckt. Die Nachschrift lässt Iffland ausrichten, dass er sich auf seinen Besuch in Wien freut und lässt seine Frau grüßen.

Nach Akte filtern

* nicht vollständig edierte Akte

Nach Korrespondenzpartner (1463) filtern