Von Friedrich Karl Sannens. Wien, 2. August 1805. Freitag

S. dankt für I.s Brief vom 12. Juli, den er erst nach seiner Rückkehr von Ungarn, wohin er mit dem Charakterschauspieler Krüger gereist sei, erhalten habe. Sie hätten beide dort mit viel Vergnügen gespielt. I.s Wunsch, von Trübensee, Musiker der Kapelle des Fürsten Lichtenstein, die Oper Die Uniform zu kaufen, wolle er erfüllen. Die Oper komme mit dem nächsten Postwagen. S. habe auch einen Brief von Jacobi erhalten, der um Rechnungen nachfragt und sich zu Bezahlungsmodalitäten äußert. Über die Schwierigkeiten der verschiedenen Währungen. - Folgende Neuheiten seien an beiden Hoftheatern im Juli aufgeführt worden: 22.: Die Wilden, Oper von Sonnleithner, Musik von Dalayrac. Die Oper habe trotz des guten Spiels der Eigensatz nicht gefallen. - 25.: Zaire, heroische Oper, Musik von Federici. Die berühmte Sängerin Madame Bertinotti sei engagiert worden. Braun habe sie auf seiner Reise in Bologna engagiert. Bertinotti habe nicht gefallen. - 29.: La virtù premiata dell'amore, ein Schauspiel mit Gesang nach der Pamela des Goldoni, habe keine günstige Aufnahme gefunden. 30.: Die Oper Die Tage der Gefahr sei unter dem Dirigat von Cherubini persönlich aufgeführt. Cherubini sei mit lärmendem Beifall empfangen worden und die Oper habe gefallen. Braun habe Cherubini aus Paris mitgebracht, er solle zwei Opern schreiben. Braun soll Schauspieler aus Paris engagiert haben, auch die Tänzerin Madame Coralli und ihren Mann. Außerdem seien Pantomimen und Gladiatoren engagiert worden, welche sich in einem Kampfspiel im Zirkus (im Ballett Vologesus) zeigen werden. Sogar ein Bauchredner sei aufgenommen worden. Den Feuerfesten Mann aus Paris und den Wassertreter habe man leider nicht bekommen können. - Am 27. sei Braun angekommen. Die Einnahmen im Palais seien schlecht gewesen, mit Ausnahme der Opern Die Tage der Gefahr und Die gebesserte Eigensinnige. - Herr und Madame Coralli hätten mehr Gehalt als fünfzehn brauchbare Schauspieler. Bis auf Lange, der noch in Graz sei, seien nun alle Schauspieler zurück. Herr Koch und Madame Roose seien in Salzburg, Weidmann in Brünn gewesen. - Theater an der Wien, Juli: 3.: Swetards Zaubertal sei wegen der Dekorationen und dem Spektakel gut aufgenommen worden. - 6.: Der Bettelstudent mit Weidmann in der Hauptrolle. 9.: Der Kobold, wieder mit Weidmann. 29.: Theophana, ein Trauerspiel. Schikaneder befinde sich mit seiner Direktion wohl. Im Theater des Karl Hensler sei außer ein paar Pantomimen nur ein neues Singspiel gegeben worden: Die Berggeister. Das Werk habe nicht gefallen, man habe inzwischen schon so viele Geister gesehen. Das Lustspiel Diesmal meint er es so von Sonnleithner schicke S. mit der Oper. Am 7. und 8. Juli habe sich eine schreckliche Szene ereignet: Wegen der steigenden Lebensmittelpreise habe am 7. eine Menge Volk einen Bäckerladen gestürmt und Brot, Mehl, Semmeln, Möbel und Betten auf die Gasse geworfen. Daraufhin habe das Militär eingegriffen. Es habe 13 Tote und Hunderte Verletzte gegeben.

Von Friedrich Karl Sannens. Wien, 3. September 1805. Dienstag

Im August seien an den Hoftheatern folgende neue Werke gespielt worden: 12.: Madame Koberwein aus Breslau sei im Stück Das Schmuckkästchen [= Die Stricknadeln] aufgetreten, sie habe nicht missfallen. 19.: Unbesonnenheiten, trotz des Spiels von Weidmann werde das Stück eines Unbekannten das Schicksal haben, gleich zu sterben. Wegen des Geldmangels nehme die Direktion jetzt Stücke von Studenten und anderen. Diese Ausgeburten würden dann nur einmal oder zweimal gespielt. 14.: Die Deutschen Kleinstädter. Die Koberwein habe mit Glück gespielt. 17.: Apollo als Hirt. Ballett von Gallet. Herr und Madame Coralli seien mit geteiltem Beifall aufgenommen worden. 19.: Der Ersatz mit Madame Koberwein. 24.: Die Jäger mit Madame Koberwein, die sehr gefallen habe. An diesem Tage habe sich der Theaterdiener Jakob Ostenrieder kurz vor der Probe von Die Jäger erschossen. Er sei verschuldet gewesen. 28.: Die heftige junge Frau von Sonnleithner. Der Baron habe La jeune femme colère in Paris gesehen und spreche mit Entzücken davon. Das Stück mache kein Glück. Man glaube, dass der deutsche Schauspieler in dem Konversationsstück das Runde, Gewandte, Belebende des französischen Schauspielers nicht besitze. Die deutsche und die italienische Oper haben bis 16. Ferien gehabt. -Theater an der Wien: 10.: Vestas Feuer, eine große Römische Oper von Schikaneder, Musik von Weigl. Das Werk habe gefallen und sei schon 14 Mal gegeben worden. Diese Oper und Swetards Zaubertal würden das Theater füllen. 22.: Das Mädchen als Husar. Große Pantomime. Man habe für dieses Werk viele Proben, die über acht Stunden gedauert hätten, gehalten. Man habe jedoch in Wien noch keine solch abscheuliche Absurdität auf ein regelmäßiges Theater gebracht. 15.: Das Fischermädchen von Neustadt von Stegmayer habe gefallen. - 27. und 28. Lodoiska, in diese von Cherubini dirigierte Oper habe man neue Gesangsstücke eingelegt. Allgemeiner Beifall. - 31.: Der Besuch nach dem Tode von Guttenberg habe sehr missfallen, offenbar mag solche Besuche keiner. - Im Leopoldstädtischen Theater: 2.: Der Mohr von Semegonda gefalle den Wienern. - 10.: Das Nixenreich werde sehr oft gegeben. - 29.: Telemach belustige die Wiener. - Es folgen Reflexionen über das Wiener Theater: Zu den Gagen von bestimmten Sängern und Cherubini, die mehr bekämen als die deutschen Schauspieler zusammen. Braun habe seinen Bruder Joseph als Stellvertreter ernannt, da Braun seine Güter beaufsichtigen müsse. Erwähnung von Sonnleithner, Brockmann, Leifer und Krüger. - Swetards Zaubertal könne I. für 9 Kreuzer haben. Lange habe in Graz sehr gefallen, Ballettmeister Gallet gehe ab.

Von Friedrich Karl Sannens. Wien, 5. Oktober 1805. Samstag

In beiden Hoftheatern habe man folgende neue Stücke aufgeführt. September: 10.: Die Verläumder von Kotzebue. Bayer, Mitglied des Ständischen Theaters in Prag, sei zum ersten mal aufgetreten. - 13.: Verbrechen aus Eifersucht mit Lange. - 14.: Julius Sabinus (Giulio Sabino). Herr Crescentini, der voriges Jahr gefeiert worden sei, habe nicht gefallen. - 17.: Die Hausfreunde. S. füge den Theaterzettel bei, damit I. die Besetzung vor Augen habe. Die Herren Brockmann, Krüger, Koch und Leifer hätten vorzüglich gespielt. Das Stück sei innerhalb von 5 Tagen drei Mal gespielt worden. - 20.: Othello. Herr Bayer, der sehr mittelmäßig sei, habe den Othello gespielt. Lange, der sonst diese Rolle spiele, sei unübertrefflich. - 24.: Milton von Jouy und Dieulafoy, übersetzt von Treitschke, Musik von Spontini, habe gefallen. - 27.: I Temperamenti contrari, eine Farce mit Gesang, habe man nicht sonderlich goutiert. Aber der Tenorist Sommariva, der in dem Stück aufgetreten sei, habe sehr gefallen. - Im Theater an der Wien verdiene die Oper Palmer von Burin Erwähnung. Das Werk habe allgemein gefallen, die Eigensatz habe brilliert. S. könne die Oper für 8 Dukaten verschaffen. Des Weiteren sei die Operette Alexis von Dalayrac für 6 Dukaten, List und Zufall von Süßmayr für 8 Dukaten und Der Belagerer oder die Wildnis bey Florenz von Paër für 9 Dukaten zu haben. - In der Leopoldstadt habe man nichts von Bedeutung geben. Schikaneder sei mit der Oberdirektion in höchster Spannung. Kapellmeister Teyber sei nach Odessa, wohin er engagiert sei, abgereist. Brockmann habe seine Stelle als Regisseur und Repräsentant wegen der Installation von Baron von Brauns Bruder niedergelegt. Zitterbart werde, sagt man, den Prozess gegen die jetzige Direktion an der Wien gewinnen. Herr Klingmann reise nach Stuttgart, München und Frankfurt. - In Wien sehe es sehr kriegerisch aus. Das Militär sei fast ganz abmarschiert. In Schönbrunn werde alles zum Empfang des russischen Kaisers vorbereitet. Der österreichische Kaiser reise bald nach Ungarn zum Landtag. - Madame Weißenthurn warte auf Antwort.

Von Friedrich Karl Sannens. Wien, 4. November 1805. Montag

S. hoffe, dass I. die Oper Die Uniform und den Hoftheaterkalender für kommendes Jahr bekommen habe. Von Arnstein komme ein Wechsel über 8 Dukaten. 6 Dukaten bekomme S. für die Monate Juli bis November, 2 Dukaten für Auslagen. - Auf den Hoftheatern habe es im Oktober folgende Neuheiten gegeben: 4.: Friedrich von Österreich von Hormayr, Verfasser der Schrift: Wer ist der angreifende Theil, Österreich oder Frankreich. Das Stück sei ein historisches Gemälde und habe gefallen. Lange und Koch seien herausragend gewesen. - 15.: Das Mädchen aus Sibirien, von dem Verfasser des Stücks Der Korb. Das neue Stück habe keinen Erfolg gehabt und sei nur wenige Male gegeben worden. 23. Il Podesta di Chioggia. Die komische Oper von Orlandini habe nicht gefallen. Überhaupt scheine die italienische Oper die Zeiten ihres ehemaligen Glanzes verloren zu haben. 26.: Die Gartenmauer, Lustpiel von Sonnleithner. Die Idee des Stücks, das ein paar artige Szenen habe, sei nicht neu. - Im Theater an der Wien: 12.: Minna und Peru, Oper von Schikaneder. Das Stück sei nur einmal aufgeführt worden. Schikaneders Produkte hätten so ziemlich alle das Schicksal, in die alte Rüstkammer zur Ruhe verwiesen und als seltene Aktenstücke aufbewahrt zu werden. Das seien alle Neuigkeiten. Palmer gefalle weiterhin. Die Einnahme seien auf der Wieden schlecht und die Oberdirektion mit Schikaneder unzufrieden, die Spannung sei aufs Höchste gestiegen. Auslassungen über die Verwaltung und Ökonomie des Theaters an der Wien. - Leopoldstädtisches Theater: 4.: Martin Metz, Schlossergell von Wien. Das Stück habe wegen seiner Lokalität und wegen des Patriotismus gefallen. - 14.: Der Wachtmeister habe missfallen. - 23.: Antiope und Telemach. Der Verfasser habe es nur auf das österreichische Publikum abgesehen. I. sehe, dass das Wiener Theater brachliege. S. habe die Aufführung von Kotzebues Die Organe des Gehirns im Hoftheater vergessen. Man sagt, dass man kein Feind Kotzebues seien dürfe, wenn er seine Freunde so schlecht behandle. Kotzebue soll noch vor Kurzem ein Lobredner von Gall gewesen sein. Das Stück habe gefallen, Koch habe gut gespielt. Klingemanns Reise nach München, Stuttgart und Frankfurt dürfte bei den jetzigen Ereignissen nicht ergiebig werden. Ziegler habe die Regie aufgegeben. Brockmanns Resignation mache bei der Direktion Sensation. Die österreichische Armee habe bei Ulm ein unglückliches Schicksal erfahren. Man baue nun auf die Russen und Preußen.

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