Von Friedrich Karl Sannens. Wien, 8. Januar 1804. Sonntag

Aus I.s Stillschweigen schließe S., dass I. die geschickten Sachen nicht erhalten habe oder mit S. unzufrieden sei. I. möge schreiben, ob er Moses behalten wolle und wie I.s Entschluss in Betreff der anderen geschickten Stücke ausfalle. Das Stück Der unruhige Wanderer könne S. für 90 Florin haben. S. habe dafür gesorgt, dass I. in Zukunft mit allen Neuheiten sogleich bedient werde. Beim deutschen K.K. Hoftheater wurde seit S.s. erstem Brief an I. nichts Neues gegeben, was Erwähnung verdiene. Das letzte Stück war Kotzebues Der todte Neffe, dem das Schicksal widerfuhr, das es verdient habe. S. schicke vier Bücher mit beliebten Opern, die alle im Theater an der Wien mit Erfolg gegeben worden seien und neu seien: Der Onkel in Livree, der am Hoftheater nicht, bei Zitterbart jedoch gefalle. Der Pachter Robert, Johanna und Die Gefangenen. - Dem Baron von Braun sei das Theater vom Hof noch nicht für die Zukunft zugesichert worden. Die Pachtung der Zölle in Galizien sei ihm nicht bewilligt worden. Sein Gegner, Graf Montalban, sei wegen Hochverrats dem Kriminalgericht übergeben worden. Die Baronin Natorp, deren Mann einen Bankrotte von einigen Millionen gemacht habe, sei gestern unter dem Namen Madame Mariana Sessi in Axur mit Beifall aufgetreten. Über Auftritte von Korntheuer. Herr Klingmann sei für künftiges Jahr bei Zitterbart engagiert. Brockmann sei seit zwei Monaten ohne Hoffnung auf Besserung krank. Lange habe das Gehör verloren. Mad. Adamberger werde an Lungesucht sterben. - Glückwünsche zum Neuen Jahr.

Von Friedrich Karl Sannens. Wien, 24. Februar 1804. Freitag

I.s Schweigen besorge S., die Aufträge nicht zur Zufriedenheit erfüllt zu haben. Doch die Wichtigkeit der vorgefallenen Veränderungen möge S.s gegenwärtiges Schreiben entschuldigen. Am. 9. Februar sei die gesamte Deutsche Gesellschaft zu Herrn Viezedirektor Baron von Braun bestellt worden. Braun habe ihnen mitgeteilt, dass der Hof Braun das Theater mit weitreichenden Vollmachten für 15 Jahre überlassen habe. Die Inspizienten seien: Lange, Brockmann, Weidmann, Klingmann, Koch, Roose, Ziegler und Koberwein. Ihre Aufgaben seien: Austeilung der Rollen, Bestimmung der Sitzungen und Proben, Besorgung des ordentlichen Gangs der Stücke und Anordnung der Garderobe. Für Schreyvogel sei ein gewisser Sonnleithner bestimmt, welcher auch das Theaterprotokoll zu führen habe. In Betreff des Honorars sei festgelegt worden, das Ensemble in zwei Klassen zu teilen. Die erste Klasse, zu der auch die 8 Inspizienten gehörten, erhalte für jede Rolle 2 Florin, die zweite Klasse 1 Florin Remuneration. Das betreffe aber nur Mitglieder, die schon drei Jahre engagiert seien. Weitere Details zum Honorar. - Der Eintritt des Hoftheaters solle um einen Drittel erhöht werden. Am 11. Februar habe Baron von Braun von Zitterbart das Theater an der Wien für eine Million gekauft. Es sei kein Hoftheater, sondern gehöre allein Braun. Die Zettel seien noch nicht verändert, es heiße weiter privilegiertes Theater an der Wien. Sonnleithner sei Direktor dieses Theaters. Braun sei zum K. K. Hofkommissar ernannt worden, um die Zölle in Galizien zu regulieren. Madame Nouseul sei gestorben. Brockmann sei genesen und in Die beiden Klingsberge und im Regulus aufgetreten. Der neue Ballettmeister Gallet, ein Schülers Noverres, mache viel Glück. Seine Ballette Ariadne und Bacchus und Die verliebten Thorheiten hätten viel Sensation gemacht. - An der Wien und in der Leopoldstadt sei seit S.s letztem Brief nichts Erhebliches gegeben. Doch mache die lokale Posse Die schwarze Redoute viel Aufsehen. Im Theater an der Wien, würden heute Die Soldaten, die in Hamburg so erfolgreich gewesen seien, gegeben worden. Es folgt die Aufzählung der in den Hoftheatern aufgeführten Stücke seit S.s. letztem Brief. In diesem Zusammenhang Erwähnung von Madame Weißenthurn, Madame Roose, Herrn Koberwein. Madame Adamberger habe sich vom Theater verabschiedet. Sie sei aber nicht aufgetreten, sondern habe ihre Tochter geschickt. - Collin habe aus diesem Anlass ein kleines Stück verfertigt: Der Gestörte Abschied. Lange habe heute eine von Collin verfasste Rede an das Publikum gehalten. Braun gehe nach Galizien, Schikaneder verlasse das Theater an der Wien und gehe auf sein Landgut nach Nußdorf. S. wolle wissen, wie sich I. in Betreff der Stücke Heurath aus Konvention, Das Rendezvous , welche I. schon aus Wien mitgenommen habe, sowie Karl der Kühne und Der zerrissene Brief entschieden habe.

Von Friedrich Karl Sannens. Wien, 28. Juni 1804. Donnerstag

Entschuldigt sich wegen der verspäteten Antwort. S. habe erst Informationen über die Theaterneuigkeiten Wiens sammeln müssen. S. habe ein Verzeichnis aller in den drei letzten Monaten aufgeführten Stücke angefertigt. In Zukunft wolle er jeden Monat schreiben. Zum Theater an der Wien: Die Gefangene aus dem Französischen von Seyfried, Musik von Cherubini hätten ziemlich gefallen. Das Narrenhaus habe einige Abende hindurch Unterhaltung gewährt. Johanna nach dem Französischen von Seyfried und Musik von Méhul habe gefallen. Spaß und Ernst von Schikaneder sei nicht übel. Pfändung und Personalarrest von Schikaneder und Teuber, die Musik habe missfallen. Doktor Guldenschmitt habe nicht gefallen. Der kleine Page nach dem Französischen von Seyfried und der Musik von Gallenberg sei durchgegangen. Tod und Lebendig sei tot zur Welt gekommen. Die Pagenstreiche von Kotzebue hätten nur für wenige Vorstellungen ausgereicht. Die tiefe Trauer, Musik von Berton, sei nur Spiel gewesen. Die Paläste von Russland von Reinbeck seien nur einmal gelaufen. Die Soldaten konnten nicht den zehnten Teil des Hamburger Erfolgs erringen. Ariodan, Musik von Méhul, sei trotz prächtiger Kleider und der Musik nur viermal gegeben worden. Das Portrait nach dem Tode des Dieulafoy habe nur Wenigen gefallen. List vermag alles sei schon vergessen. Tante Aurora nach dem Französischen des Longchamp, Musik von Boieldieu, habe nicht gefallen. Das Stück Der Perückenstock habe dasselbe Los gehabt. Die Kammerpagen des Villiers, Musik Isouard, ebenfalls. Ein gewisser Herr Kuditsch, ein vom Brünner Theater engagierter Schauspieler, sei zum ersten Mal im Graf von Waltron, in Lanassa und in Rollas Tod aufgetreten. Er habe eine schöne Figur und viel Talent. Ausgebildet würde er für ein großes Theater in Betracht kommen. Der Seelenverkäufer von Schildbach sei schlecht gelaufen. Madame Renner sei im Spiegel von Arkadien mit Beifall aufgetreten. Die Ähnlichkeit von Duval und Della Maria sei öfter gegeben worden. Liebe auf der Post von Picard habe kein Glück gemacht. Herr Krebs, erster Tenorist, habe als Tamino in der Zauberflöte nicht gefallen. Herr Quandt, ehemaliger Schauspieldirektor in Bamberg, habe als General in den Soldaten allen Kennern gefallen. Zitterbart wollte ihn für seine Bühne, Quandt hätte jedoch ein Engagement in Frankfurt angenommen. Samori von Huber und Vogler habe sich keine gute Aufnahme verschaffen können. Der junge Herr von Morowitz aus Leoben von Gewey habe missfallen. Die Scheidewand mit der Musik von Fischer habe wenig Wirkung gemacht. 20000 Thaler von Dorvigny habe auch keine bessere Aufnahme gefunden. Am 5. Juni habe Herr Ludwig Porte mit seiner Gesellschaft von Seiltänzern und Luftspringern gespielt. Er bekomme 1000 Dukaten für drei Monate und spiele dreimal in der Woche. Porte bringe Geld ein. Die zwei Grenadiere hätten ziemlich gefallen. Die treuen Bürger von Schlenkert hätten ganz missfallen. Die Ehemänner nach der Mode mit Musik von Seyfried seien mit heiler Haut davongekommen. I. sehe aus diesem Verzeichnis, dass das Theater an der Wien fleißig gewesen sei. Man habe die Absicht gehabt, dieses Theater auch zum Hoftheater zu machen, das sei aber nicht geschehen. Es würden dem Theater Reformen bevorstehen, denn es sei nicht gelungen, trotz Aufwand und Mühen, Geld einzubringen. Der Zustand der Kasse sei bedenklich. Ein Ludwig Porte und andere Coups seien der Beweis. Herr Sonnleithner sei nicht der Mann, dem Vorurteil, das man gegen dieses Theater habe, entgegenzuarbeiten. Die öffentliche Meinung traue ihm wenig zu. Herr Caché sei wegen Sonnleithner nicht gekommen. Man habe Schikaneder von seinem Tuskulum in Nußdorf zurückholen können. Sonnleithner trete Ende Juli ab. Herr Weidmann trete am 4. Juli in Die unmögliche Sache auf. - Die Hoftheater: Mai: Der Ton unserer Zeit habe missfallen. Aline, Königin von Golkonda habe wegen der Handlung und der Musik gefallen. Der Sänger Vogel habe große Wirkung gemacht. Hab' ich nicht Recht sei matt und gedehnt gewesen. Der Dienstfertige habe sehr missfallen. Der Papagoy von Kotzebue habe nicht gefallen. Verwirrung ohne Laster habe nicht gefallen. Der Kosakenoffizier von Dumonchau habe nicht missfallen. Madame Renner, Hofschauspielerin in München, sei im Mädchen von Marienburg aufgetreten. Sie habe gefallen, sie sei eine praktische Schauspielerin, leider nicht mehr jung. In Die Langmuth des Titus sei Viktoria Sessi, die Schwester der Baronin Natorp, aufgetreten. Sie habe Aufmunterung erhalten. Eine dritte Schwester gehe nach London. Zu weiteren Auftritten von Madame Renner. Mitgefühl von Treitschke und Wranitzky habe äußerst missfallen. List gegen Mißtrauen habe Frau Renner mitgebracht. Es habe Beifall erhalten. Herr Crescentini sei zum ersten Mal in Romeo e Giulietta aufgetreten. Der Sänger und die Oper hätten sehr gefallen. Zum Vorteil von Herrn Brizzi seien die Kantate Eloïse und Abéllard von Paër und Der Götterbund in Österreich von Kapellmeister Trento gegeben worden. Madame Renner spielte zum vierten Mal in Die Hagestolzen, ihre fünfte Rolle spielte sie in List gegen Mißtrauen. Die Renner solle am Hoftheater engagiert werden, wenn der Kurfürst ihren Vertrag löst. Madame Eigensatz sei am 16. in Die Hagestolzen aufgetreten. Man habe sie herausgerufen. Herr Leißring aus Lemberg habe in den stillen Wassern gespielt. Herr Eckard aus Prag habe im Besuch und in Dienstpflicht gespielt. Als Besuch habe man es ihm verziehen. - Juni: Der Kastrat Crescentini spielte Alonzo e Cora von Mayr zu seinem Benefiz. Das Stück sei weniger wirkungsvoll gewesen als Romeo e Giulietta. Es folgen detaillierte Ausführungen zum Vertrag von Crescentini, der mehr als irgendein deutscher Künstler verdiene. Das Mißverständnis von Madame Weißenthurn sei nicht ohne Wirkung gewesen. Der rechte Weg sei nicht so erfolgreich gewesen. Deserteur und kindliche Liebe hätten gefallen. Die Verwiesenen auf Kamtschatka (der umgemodelte Benjowsky), eine recht artige Oper von Duval, Musik von Boieldieu, übersetzt von Treitschke, habe sehr gefallen. Das Haus habe gelärmt. Herr Demmer sei in dieser Oper aufgetreten und habe viel Beifall geerntet. Die Liebe in Spanien von Baron Bilderbeck habe ein mittelmäßiges Schicksal gehabt. Für den Namenstag des Vizedirektors studiere die Gesellschaft heimlich Henriette oder der Husarenraub. Heute trete ein junger Schauspieler namens Karschin auf, der von Staatsrat Faßbender empfohlen worden sei. Am 1. Juli würden die Ferien des Burgtheaters anfangen. Ludwig Porte und Konsorten würden das Kärntnertortheater weiterbespielen. Herr Brockmann sei sehr krank. Herr und Frau Roose würden während der Ferien in Breslau, Herr Klingmann in Grätz spielen. Herr Lange gehe seiner Vergnügungen wegen nach Oberösterreich. Herr Koch habe keinen Plan, denn wegen der Krankheit von Brockmann habe er keinen Urlaub erhalten. Die Anderen blieben in Wien. Herr Weidmann spiele im Theater an der Wien im Neusonntagskind, den Modesitten und Röschen und Collas. Das Geschäft, das Baron Braun in Polen übernehmen sollte, habe sich zerschlagen, wodurch er viel verliere, auch habe der Kaiser seinen jährlichen Zuschuss zum Hoftheater von 43 000 Florin der Kasse entzogen. Das Publikum würde sagen: ein Iffland, den man sehnlichst erwarte, hätte dem Theater ein neues Relief gegeben. Man sage, dass Iffland einen Ruf nach Petersburg für 5000 Rubel erhalten habe. Weitere Bemerkungen über S.s. Honorar für seine Berichte an I. Die Gebühr für die Kopie des Achilles habe S. noch nicht erhoben, weil er I.s Urteil über Moses abwarten wolle. Über die von I. aus Wien mitgenommenen Stücke Das Rendezvous und die Heurath aus Konvention habe I. sich nicht geäußert, so das S. annehme, sie taugten nichts. Auch über Karl der Kühne und Der zerrissene Brief habe I. geschwiegen. Jetzt schicke S. das Stück die Modepassion, das auf dem Hoftheater gegeben würde. Es sei ein kleines niedliches Stück nach der Folie du Jour von Boissy. Die beiden Teile des unruhigen Wanderers könne I. für 6 Dukaten haben. Auch sei eine Bearbeitung des Georg Barnwell zu haben. In Wien sei das Stück von der Zensur verboten, obwohl es unter Maria Theresia gegeben worden sei. Entschuldigung, dass S.s langer Brief, der nun ein Buch geworden sei, I. viel Zeit raube und ihn von den Musen und der Verwaltung des Theaters abhalte.

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