An Friedrich Ernst Adolf Karl Graf von Kalckreuth. Berlin, 31. Januar 1813.
Sonntag
I. dankt für das Vertrauen, das ihm K. mit der Übersendung seines dramatischen
Gedichts Camillus erwiesen hat. Früher zu
antworten, war ihm wegen des Übermaßes von Arbeit nicht möglich. Leicht hätte er
zwar einige Zeilen schreiben können, doch hatte das Gedicht seine Aufmerksamkeit
erregt und er wollte ausführlich antworten. Wer Charaktere wie Camillus und
seine Mutter zu erschaffen vermöge, von dem könnte die vaterländische Bühne noch
viel erwarten. Nur ist das Stück zu lang und zu komplex, als es
erfolgversprechend wäre. Es hat zu viele bedeutende Rollen und verlangt einen zu
großen Dekorationsaufwand, der in
schwierigen Zeiten wie den jetzigen, nicht zu verantworten ist. Aus demselben
Grund kann die Oper Die Bajaderen derzeit nicht
aufgeführt werden, obwohl die Dekorationen fertig sind. Haupthindernis für einen
zu erwartenden Erfolg und damit auch für die Aufführung sieht I. aber im
römischen Sujet, in der Darstellung römischer Sitte, Politik u
Charakteristik und darin, dass unsre Weichlichkeit einen
Vorwurf in jenen strengen Charakteren findet. I. gibt nun eine detaillierte Kritik des Stücks. Unter
anderem zählt er die viel zu vielen wichtigen Rollen auf, setzt sich im Detail
mit der Figur des Camillus auseinander und kritisiert ausführlichst zahlreiche
Einzelstellen.