An Carl Reinhard. Berlin, 11. Dezember 1803. Sonntag

R. habe Kraft und Leben, Gedächtnis und Willen, also alle Künstlererfordernisse. Für das Fach der Väter seien Schritt und Bewegung zu schnell. Auch sei die Sprache zu laut, so dass aus der schnellen Wortfolge ein polternder Ton entstehe, welchem das Volle fehle und damit das Melodische. Mehr Haltung in Schritt und Sprache gebe mehr Vornehmheit und Würde. Jede schmetternde Gewalt widerstrebe dem Interesse. - Madame Reinhard habe in ihrem Spiel Beobachtung und Willen, guten Ton und angenehme Gestalt. Jedoch enthalte ihr Spiel mehr Manier als Wahrheit. Ton und Sprache hätten etwas Verziertes, das nicht zum Herzen gehe. Dazu komme, dass sie nicht mit geöffnetem Mund rede, so dass ihr Ton etwas Verbissenes habe. Neulich habe die Reinhard I. sitzend eine Rolle vorgelesen. Unter diesen Umstände könne man nichts beurteilen. Gebe Madame Reinhard ihrer Sprache Energie und Einfachheit statt Zierde, werde etwas Anderes herauskommen. Deshalb solle sie nicht im Stück Die Eifersüchtigen, wozu viele gute Laune gehöre, spielen. I. glaube, dass er verpflichtet sei, diese Bemerkungen zu machen. Wolle sie dennoch spielen, so sei es ihr freier Wille. Man sollte lieber nach und nach in ein neues Verhältnis treten, als es zu forcieren. - Was das in Hannover Nötige gewesen sei, könne hier zum Teil nicht gelten. Der Berliner Bühne könne man bei manchen Mängeln einen feinen Ton, der die äußerste Stärke zu gebrauchen vermeidet, im Ganzen nicht absprechen. I. habe - wie mit seinem ältesten Freund - alle Meinungen, Vorteil, Lob und Tadel zusammengetragen. I. hoffe, dass R. darin den Wille erkenne, dass I. wolle, dass R. hier zufrieden lebe. Neben R.s Zufriedenheit geselle sich der Eigennutz, dass I. durch R. große Erleichterungen habe. R. möge seiner Frau nicht alles vorlesen, sondern nur einiges mitteilen.