Von Friedrich Karl Sannens. Wien, 6. Oktober 1812. Dienstag

I. erhält Die Pflegesöhne direkt vom Verfasser aus Lemberg, wo dieser sich derzeit aufhält, und wird von ihm auch die Bedingungen erfahren. S. hatte sich unterdessen in Geschäften in Ungarn befunden, weswegen auch im September seine Relation entfiel. Doch wird sein nachgetragener Bericht zeigen, dass I. außer dem Stück Johann von Paris nichts verpasste. Im August war im Hoftheater zu sehen: Von Kotzebue am 20.8. Das getheilte Herz und Die Masken, am 21.8. Die Rosen des Herrn von Malherbes, am 22.8. Der arme Poet. Am 28.8. wurde Johann von Paris mit der Musik von Boieldieu nach dem Französischen des St. Just in der Bearbeitung von Castelli gegeben. Hinsichtlich der Musik und des Textbuchs ist diese Oper eine ganz ungewöhnliche Erscheinung an dem Theaterhimmel, welche von dem hiesigen Publikum mit allgemeinem Entzücken aufgenommen wurde. S. hätte I. das Buch geschickt, hätte dieser nicht darum gebeten, ihm aus Sparsamkeitsgründen Bücher nur auf Verlangen zu schicken. S. rät I., die Oper so schnell als möglich zu beschaffen. Im Theater an der Wien wurde am 29.8. ebenfalls Johann von Paris, aber in der Bearbeitung von Seyfried gegeben. Die Theater stehen, was diese Oper angeht, im Wettbewerb, dem Hoftheater gebührt der Vorzug in Gesang und Ausführung, dem Theater an der Wien in Dekoration und Arrangement des Ganzen. Er bittet um um eine schnelle Bestellung der Oper, da die Bezahlung mittels Aviso Verzögerungen nach sich ziehen kann und die Abschrift folglich erst spät in Berlin eintreffen könnte. S. macht Angaben über den Umrechnungskurs und betont noch einmal seine finanzielle Knappheit angesichts der Zahlungsunwilligkeit der Wiener Theaterdirektion. Im März hatte er einen Vorschuss von 12 Dukaten erbeten, den er jetzt allerdings nicht mehr benötigt, weil in Wien ihm jemand die Ausstände überbrücken half. Im September wurde im Hoftheater I.s Der gutherzige Polterer gegeben (14.9.); Koch spielte den Polterer mit Erfolg. Obwohl Der gutherzige Murrkopf hier sehr bekannt ist, erhielt das Stück doch Beifall. Am 15.9. gab es Der verwundete Liebhaber, am 24.9. Die Gattenwahl / La scelta dello sposo, am 29.9. Die Feldmühle und im Theater an Wien von Theodor Hell am 14.9. Angelika oder Der Tochter Opfer. Alle drei Stücke hatten keinen Erfolg.

Von Friedrich Karl Sannens. Wien, 10. November 1812. Dienstag

Bedankt sich für die Zuschrift (von Ifflands Sekretär?) und nimmt mit Vergnügen zur Kenntnis, dass die Reisen geschäftlich erfolgreich sind und I. die Erwartungen seiner Bewunderer und Verehrer übertrifft. Es geht das Gerücht, dass Wien im kommenden Frühjahr so glücklich sein wird, I. wie schon zweimal zuvor begrüssen dürfen. Auch lukrativ scheint es um diesen Plan nicht schlecht zu stehen. Kratter hat aus Lemberg geschrieben, dass er Die Pflegesöhne bereits nach Berlin geschickt hat und 20 Dukaten Honorar dafür haben will. Castelli und Körner bitten ebenfalls um ihr Honorar. Kurländer wird sein Schauspiel Pauline Wellenberg, das am Vortag im Hoftheater gegeben und wie verdient behandelt wurde, u. d. T. "Pauline Cettiri" nach Berlin schicken. Im Hoftheater war am 22.10. So muß man Füchse fangen zu sehen, mit einem gewissen Moreau in der Rolle von Herrn Christmann, der vor allem die Fehler des verstorbenen Weidmann wiederholt, aber das Publikum begeisterte. Moreau spielte mit ebenso großem Erfolg in Der Hausdoktor und Das Findelkind. Weigls Liebhaber und Nebenbuhler gefiel und ist zu empfehlen (29.10.). Die Komposition des geschickten Gyrowetz zu Das Winterquartier in Amerika befriedigte die Liebhaber. Im Theater an der Wien wurde am 10.10. Rudolph von Habsburg von M. H. Mynart gegeben. Das Stück wurde protegiert und besitzt auch einige schöne Stellen, aber gefiel trotzdem nicht. Preciosa ist trotz des Namens Cervantes schal und matt. Die Herberge bey Parma machte das ominöse Kleeblatt vollständig, das für die Direktion ein ökonomisches Problem aufwirft. Polawsky aus Prag, der in Wien im Vorjahr Gastrollen gegeben hat, ist als Ruf in Die Schachmaschine aufgetreten. Der Schluss des Briefes wirft die Frage auf, wie mit den Schauspielerkontrakten umgegangen werde, da ja Lobkowitz bei der Übernahme des Theaters die Bedingung gestellt habe, dass die Schauspieler mit Doppelkontrakten nur die Verbindlichkeiten am Hoftheater zu leisten haben. S. legt dem Brief Johann von Paris in der Einrichtung von Seyfried bei; die von Castelli sei nicht gedruckt. Die Nachschrift lässt Iffland ausrichten, dass er sich auf seinen Besuch in Wien freut und lässt seine Frau grüßen.

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* nicht vollständig edierte Akte

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